07. Juni 2002

Kunst nach der Wissenschaft

Dr. Susanne Witzgall, Wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Akademie der Bildenden Künste in München

Im Rahmen meiner Dissertation Kunst nach der Wissenschaft. Zeitgenössische Kunst im Diskurs mit den Naturwissenschaften dokumentierte und analysierte ich den Dialog von Künstlern der 1990er Jahre mit den Naturwissenschaften und ordnete ihn geistesgeschichtlich und kunsthistorisch ein. Darüber hinaus verfolgte ich den fachübergreifenden Diskurs zwischen Kunst und Wissenschaft bis Anfang des 20. Jahrhunderts zurück und skizzierte seine wichtigsten Positionen. Den Anstoß zu meinen langjährigen Forschungen auf diesem Gebiet gab die Tatsache, dass sich im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts Ausstellungen, Aktionen und Veranstaltungen häuften, welche die Beschäftigung zeitgenössischer Künstler mit den Naturwissenschaften aufzeigten und forcierten. Tatsächlich lässt sich gerade in den 1990er Jahren eine Welle junger Künstler ausmachen, die sich mit den Naturwissenschaften auseinandersetzten. Wie sich herausstellte, eigneten sich die Künstler im Zuge dieses Diskurses unter anderem naturwissenschaftliche Arbeits- und Darstellungsweisen an oder installierten fiktive wissenschaftliche Versuchsanordnungen und Laboratorien. Die Künstler beließen es jedoch nicht bei einer "wissenschaftlichen Mimikry", sondern setzten sich bewusst über die strengen Regeln und begrenzten Forschungsfelder der Naturwissenschaften hinweg bzw. verbanden sie mit vorwissenschaftlichen, parawissenschaftlichen oder spezifisch künstlerischen Kompetenzen. Dabei fragten sie nach dem grundsätzlichen Wesen der naturwissenschaftlichen Zugangsweise zur Welt, nach ihren praktischen und weltanschaulichen Folgen bzw. forderten einer Art Erweiterung herkömmlicher wissenschaftlicher Strategien.

Die Dissertation ist in Buchform erschienen.
"Kunst nach der Wissenschaft" -
zeitgenössische Kunst im Diskurs mit den Naturwissenschaften,
Verlag für moderne Kunst Nürnberg, ISBN 3-936711-15-1