13. August 2023

Sensing Peat – Feuchtgebiete künstlerisch schützen

Moore sind nützlich – sie binden enorme Mengen an CO2 und helfen uns so in der Klimakrise, sie bieten seltenen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum und wirken dem Artensterben entgegen und sie speichern und filtern wie riesige Schwämme in der Landschaft Wasser und wirken Dürren und Überschwemmungen entgegen. Legt man umgekehrt Moore trocken, so werden die gebundenen CO2-Speicher in die Atmosphäre freigelassen. In Deutschland sind bereits 95% aller Moore trockengelegt. Ihre CO2-Ausdünstungen sind enorm und entsprechen ca. 7,5% des gesamten deutschen CO2-Ausstoßes.

Wenn wir heute von Moorschutz sprechen, geschieht dies meist unter naturwissenschaftlichen Aspekten. Jedoch sind auch andere Sichtweisen auf Moore elementar. Moore sind nämlich auch schön, wenn auch meist erst auf den zweiten Blick und bei genauer Betrachtung – Zwischenwelten von Land und Wasser, mystisch, sagenumwoben, inspirierend. Seit Jahrtausenden sind sie Teil unseres kulturellen Erbes.

Neben der wirtschaftlichen und unternehmerischen Nützlichkeit von nassen Mooren, die dauerhaft nachhaltig wertvolle Rohstoffe für zukunftstaugliche Wertschöpfungsketten liefern können, werden in Zukunft auch künstlerisch ästhetische Perspektiven auf Moore an Bedeutung gewinnen, denn die praktische Umsetzung der Wiedervernässung findet nicht an Universitäten oder in Ministerien statt, sondern vor Ort in den Regionen.

Über Jahrhunderte, sogar Jahrtausende, haben Moore Kunst und Kultur geprägt – nicht nur bei uns in Deutschland, sondern auch in Europa und weltweit. Moorschutz bedeutet dabei in den meisten Ländern Europas Restauration, Wiedervernässung und neue Nutzungsformen, da ein großer Anteil der Moore bereits entwässert ist. In anderen Ländern, z.B. in Chile, gibt es noch zahlreiche natürliche Moore, deren Schutz noch nicht gesichert ist. Menschen, die in moorreichen Gebieten leben, müssen daher nicht nur zur Akzeptanz, sondern auch Motivation und Begeisterung bewegt werden, damit sich möglichst viele für den Schutz der Moore einsetzten. Diese Begeisterung entsteht über emotionale Berührung und durch bewusste Wahrnehmung, nicht nur durch reine Vernunftüberlegungen. Dies ist das Ziel des Projekts Sensing Peat. Es schafft eine intensivere künstlerische Beschäftigung mit Mooren, die neue Ein- und Ausblicke, verschiedene Perspektiven und hoffnungsvolle Narrative in Zeiten der multiplen Krisen liefern kann.

Zu diesem Zweck hat die Michael Succow Stiftung gemeinsam mit dem Künstlerkollektiv Ensayos und der Wildlife Conservation Society Chile auf der Biennale in Venedig 2022 das Kunst-Projekt Turba Tol Hol-Hol Tol im Chilenischen Pavillon umgesetzt. Außerdem verkündeten gleichzeitig – zum „Welttag der Moore“ am 2. Juni 2022 – Wissenschaftler:innen, Künstler:innen undVertreter:innen aus indigenen Gruppen, Klimapolitik, Naturschutz und Wirtschaft auf der Biennale die Venedig-Vereinbarung (Venice Agreement). In namentlicher Anlehnung an das Pariser Klimaschutzabkommen (Paris Agreement) machten sie mit der Aktion auf den Erhalt und die Wiederherstellung von Mooren für das globale Klima und die Menschen aufmerksam.

In Zukunft soll mit Unterstützung der Andrea von Braun Stiftung der Austausch unter den bereits beteiligten Teilnehmenden intensiviert und weitere lokale Gruppen und Initiativen angesprochen und in das Netzwerk aufgenommen werden. Eine Vernetzung der häufig isoliert arbeitenden Gruppen ermöglicht ein gemeinsames Lernen, entfacht Inspirationen und führt zur Entwicklung von gemeinsamen konkreten Projekten, die sich in künstlerische Weise mit allen Sinnen den Mooren – ihrer Nützlichkeit und Schönheit – widmen.